Oceans and Stars and Tulips: Ambrose Rhapsody Murray

10 November 2022 - 8 Januar 2023

Zwar ist der Ursprung von Flaggen unbekannt, wird aber zumeist als „markantes Stoffstück, das als Symbol, Signalmittel oder Dekoration verwendet wird“ definiert. In Oceans and Stars and Tulips präsentiert Ambrose Rhapsody Murray neue Arbeiten, die unsere kollektive Vorstellung von Flaggen rekonstruieren aber auch dekonstruieren. Jedes Werk ist eine Flagge oder Ahnentafel. Sie sind Oden und Würdigungen, die den Familienmitgliedern von Ambrose gewidmet sind. Diese neu gestalteten Flaggen, die hauptsächlich aus Seide, anderen Textilien und Holz bestehen, sind ein Zusammenspiel, welches sich aus lebendigen Erinnerungen, familiären Verpflechtungen und Symbolen des schwarzen Vermächtnisses zusammensetzt. 

 

Einige der ersten bekannten Flaggen wurden im Mittelalter aus chinesischer Seide hergestellt. Durch die Verwendung von Seide geht Murray auf die materiellen Ursprünge von Flaggen und die frühen Handelsströme zurück, die mit diesen Stoffe verbunden sind. In dieser Werkgruppe untersucht Ambrose die kontinentübergreifende Geschichte des Handels und des Kolonialismus sowie die Auswirkungen staatlicher Macht auf ihr eigenes Familiensystem. Inspiriert von Lisa Lowes The Intimacies of Four Continents versuchen diese Werke, Grenzen zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten zu verwischen. Durch die Verankerung der Arbeiten mit ihrer eigenen Familien- und Lebensgeschichten, enthüllen Murrays Fahnen offenbaren die engen Beziehungen zwischen staatlicher Macht und den vermeintlichen Unterschieden zwischen Regierungsbehörden und den privaten Bereichen unseres Lebens.

 

Historisch gesehen wurden Flaggen als Machtsymbole für koloniale Strukturen von Souveränität verwendet, auch an Bord von Schiffen für maritime Kommunikation. Murray stellt sich die Frage, was ihre eigenen Flaggen über die Wassergrenzen hinweg kommunizieren könnten. Die Flaggen sind ein Aufruf an eine grenzenlose Diaspora von Menschen. Was könnten sie den Seelen mitteilen, die den Atlantik nie verlassen haben? Könnten diese Konstruktionen aus Stoff und Bildern Signale der Sicherheit sein? Jedes Werk stellt die Frage, was es bedeutet, einem Volk anzugehören, das nicht von einer Regierung geschützt wird, und zeigt, wie sich die Nachkommen der Sklaven durch Traditionen des spirituellen Schutzes und der Familiengründung in der transatlantischen Welt gegenseitig geschützt haben. Was bedeutet es für eine Gruppe von Menschen, sich um Erinnerungen herum zu organisieren? Wie fühlt es sich an, eine Identität aus etwas Weichem und Hellem aufzubauen? Oder sich anderen durch Schleier und Spuren des kollektiven Gedächtnisses mitzuteilen? Diese Arbeiten stehen letztlich in einer schwarzen Tradition, die eigenen Geschichten und kulturellen Hinterlassenschaften durch Kunst zu schützen, zu bewahren und neu zu erzählen.

 

Der Titel “Oceans and Stars and Tulips” wurde von Sonya Renee Taylor, einer Schriftstellerin, Aktivistin und Vordenkerin in Sachen Rassengerechtigkeit, Körperbefreiung und transformation inspiriert.