Bode freut sich I write (stitch) what I like, zu präsentieren, eine Einzelausstellung von Senzeni Marasela, einer multidisziplinären Künstlerin, die sich mit Fragen der Erinnerung, des Ortes und des Verlustes beschäftigt, die Zerbrechlichkeit und Sanftheit von Frauen einfängt und sich mit persönlichen Narrativen und historischen Lücken auseinandersetzt. Die Show ist die erste Einzelausstellung der Künstlerin in einer europäischen Galerie.
Seit über zwanzig Jahren dokumentiert Marasela die Geschichte von Theodorah, einer Figur, die sowohl ihre Mutter als auch ein Alter Ego von ihr selbst darstellt. Wie viele Frauen war ihre Mutter durch die Ereignisse in Südafrika während der Apartheid traumatisiert, als Millionen von Schwarzafrikanern aus ihren Häusern vertrieben und in segregierte Wohnviertel gezwungen wurden. Infolge dieser Massenvertreibung hatten viele Frauen ihre Männer "verloren" und warteten auf deren Rückkehr. Durch die Arbeit in Archiven, die bis vor kurzem der staatlichen Zensur unterlagen, versucht Marasela, diese historischen Lücken zu rekonstruieren. Die Künstlerin interessiert sich besonders für den Akt des Wartens und des Ersatzes. Sie untersucht Pathologien von Frauen, die zum Warten gezwungen waren und übersetzt sie in eine berührende, mit politischer und historischer Schwere aufgeladene visuelle Sprache. Ihre Theodorah findet sich in unterschiedlichen Medien wieder: Fotografien, Installationen, Textilarbeiten. Manchmal verlässt Theodorah den zweidimensionalen Raum und beginnt im Rahmen einer Performance der Künstlerin die Welt physisch zu erkunden – auf der Suche nach ihrem Ehemann, wie viele andere Frauen in Südafrika während dieser tragischen Zeit des Dramas und des Verlustes.
Theodorah wird immer von der Farbe Rot begleitet, die für die Ausstellung wie auch für das gesamte Werk der Künstlerin bedeutend ist und eine Reihe von Konnotationen aufweist. Zum einen dient Rot als Verweis auf den traditionellen afrikanischen Shweshwe-Stoff, der aus der Kolonialzeit stammt und später von der Xhosa-Kultur für die Alltagskleidung übernommen wurde. Außerdem steckt eine persönliche Geschichte hinter der Farbwahl. Rot geht auf die 1960er Jahre zurück, als Maraselas Vater geboren wurde. Zu dieser Zeit litt der Kontinent unter „red dust“ – einer Dürrezeit. Die Künstlerin erinnert sich, dass dieser rote Staub überall zu finden war – auf den Straßen und in den Häusern – und zu einem integralen Teil des Alltags wurde. Außerdem verweist die Farbe Rot auf die brutale und gefährliche Arbeit in den Minen, wo viele Afrikaner ihre Familienangehörigen verloren haben. Diese tragischen Orte haben sich in Orte des Zerfalls verwandelt, und Rot symbolisiert die traumatischen, gewalttätigen Erinnerungen von Frauen, deren Männer in den Minen verschwunden sind. Mit der Verwendung zarter, weicher Fäden möchte die Künstlerin die Zerbrechlichkeit und Zartheit der Frauen unterstreichen, deren tragische Geschichten sie dokumentiert. Marasela, die zur Post-Apartheid-Generation der südafrikanischen Künstlerinnen gehört, untersucht das Schicksal der Frauen, die während der Apartheid von ihren Familien getrennt wurden und analysiert die Identität der schwarzen Frauen nach dieser traumatischen Zeit.
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Senzeni Marasela (geb. 1977 in Thokoza, ZA) hat ihren BA an der Wits School of Arts, University of the Witwatersrand, Johannesburg, ZA erworben. Marasela war Teil des südafrikanischen Pavillons auf der 56. Biennale di Venezia und wurde kürzlich mit dem K21 Global Art Award 2023 ausgezeichnet. Ihre Arbeiten wurden in Einzelausstellungen im Zeitz MOCAA, Kapstadt, ZA; in der Gallery AOP, Johannesburg, ZA; in der Axis Gallery, New York, NY, US; im Stenersen Museum, Oslo, NO; im A Museum of Women, Dolls and Memories, Devon, UK; im Upstream Public Art Project, Amsterdam, NL gezeigt. Marasela nahm an Gruppenausstellungen im Smithsonian National Museum of African Art, Washington D.C., US; Museum of Fine Arts, Boston, MA; Museum of Modern Art, New York, NY, US; Transpalette, Bourges, FR; Padiglione d'Arte Contemporanea, Mailand, IT; Centro de Investigação Artística, Lissabon, PT; Königliche Akademie der Schönen Künste, Antwerpen, BE; Birmingham Museum of Art, Birmingham, Alabama, US; Haus der Kulturen der Welt, Berlin, DE; Mercedes-Benz Museum, Stuttgart, DE, u.a. teil. Ihre Arbeiten befinden sich in bedeutenden Sammlungen, darunter vom Newark Museum, von der Smithsonian Institution und vom MoMA. Senzeni Marasela lebt und arbeitet in Johannesburg, ZA.